Der Tag heute begann äußerst vielversprechend. Wecker um 8 Uhr gekonnt ignoriert, zwei Stunden länger geschlafen, aufgestanden, Kaffeemaschine angeschmissen, zwei Toasts in den Toaster und ab unter die Dusche. Dann mit Kaffee und lecker Käse-Toast eine Runde LoL gespielt und danach raus in das sonnige Berlin. Ich bin mit dem Fahrstuhl runter ins Erdgeschoss gefahren, habe mich während der Fahrt mit einem älteren Herrn unterhalten, wie sehr es nervt, dass es im Haus immer nacht altem Zigarettenrauch riecht und bin dann fliegenden Schrittes zur Tür heraus. Auf dem Weg zum Supermarkt - ich wollte mir eine neue Schachtel Zigaretten und was zu trinken kaufen - habe ich Kinder auf dem Pausenhof beim Fußballspielen beobachtet, hübschen Frauen aufreizende Blicke geschenkt und mit Blumen geworfen.
Kurzum, ein schöner Morgen!
Nachdem ich ausreichend mit Lungenbrötchen und Fairtrade-Automatenkaffee ausgestattet war, ging es weiter. Ich hatte einen freien Tag und wollte shoppen gehen: Mein Ziel war das Alexa, das große Einkaufszentrum am Alexanderplatz. Doch kaum überquerte ich die Karl-Liebknecht-Straße, etwa die Wegmitte von meinem Haus zum Alexa, da übertrat ich auch die unsichtbare Grenze, die sich um den Bereich des Fernsehturms und Alexanderplatz zieht und die normalerweise jeden nicht-Touristen sofort umkehren lässt.Das Erste was mich auf der anderen Seite erwartete war eine - zugegeben noch ganz lustige - Gesangsdarbietung von fünf Krishna-Anhängern. Gesungen wurde frei nach dem schon in Scrubs vorkommendem Text á la "krishna hare krishna" (Youtube-Link) und einer der in orange-beige Roben gehüllten Gottesanbeter steuerte zielstrebig und mit einem "DU siehst so aus als möchtest du einen neuen Gott finden"-Gesicht auf mich zu. In der einen Hand hielt er einen äußerst informativ aussehendes Flugblatt, in der anderen eine Gelddose, wie man sie von amerikanischen Keksverkäufern kennt. Nachdem ich ihn freundlich darauf hingewiesen habe, dass Allah groß ist, bin ich weiter meines Weges gezogen.
Weit gekommen bin ich allerdings nicht, denn kaum wollte ich den Bahnhof durchqueren um meinen Pfad etwas abzukürzen fing mich eine freundliche, bekopftuchte Dame unbestimmten Alters ab, hielt mir einen Zettel hin. Das mitreißende Gespräch was sich daraufhin ergab möchte ich euch nicht vorenthalten:
Sie: "Deutsch?"
Ich: "Nein."
Sie: "English?"
Ich: "No."
Sie: "From?"
Ich: "Home."
Sie deutet auf ihren Zettel: "Mein Kind, child."
Daraufhin weise ich sie mit einer abweisenden Handbewegun daraufhin, dass ihr imaginäres krankes Kind meinen Interessenbereich nicht ganz erreicht hat und gehe weiter. Wer nun denkt ich sei herzlos, unfreundlich und / oder ausländerfeindlich sollte sich über zwei Punkte im Klaren sein. Erstens bin ich fast jeden Tag in dem Bereich unterwegs und es ist beileibe nicht das erste Mal, dass mir eine bekopftuchte Dame (Ich weiß, einigen muss man Wortwitze erklären: BeIch: "Nein."
Sie: "English?"
Ich: "No."
Sie: "From?"
Ich: "Home."
Sie deutet auf ihren Zettel: "Mein Kind, child."
Und Zweitens gab es meines Wissens schonmal eine SpiegelTV-Reportage über diese Damen, die mit elf bis zwölf Weiteren in einer Wohnung hausen und sich mit Touristenabzocke ihren Lebensunterhalt verdienen.
In der Entfernung nahm ich bereits den nächsten Mob wohltätiger Blutsauger wahr, die ich nunmehr mit einem wunderbaren Mittel abhalten konnte mich anzusprechen. Mein Mund wurde zu einem schmalen Strich, die Mütze rutschte wie von selbst etwas tiefer ins Gesicht und ich starrte ihn mit einem "Sprich mich an und ich reiß dir dein Herz raus"-Blick solange an bis er einen mentalen Flickflack machte und sich von mir abwendete: Genau, meine Stimmung war im Keller.
- meti g.
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2011
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